Borreliose: Die Top-7 Empfehlungen zur Diagnose und Therapie

Die ILADS hat kürzlich ihre überarbeiteten Leitlinien zur Diagnose und Therapie der Lyme-Borreliose und damit verbundene zeckenübertragene Erkrankungen veröffentlicht, siehe: http://www.borreliose-verschwiegene-epidemie.de/2014/07/31/borreliose-neue-leitlinien-der-ilads-ver%C3%B6ffentlicht/

 

Zusammenfassend lassen sich daraus 7 Empfehlungen der ILADS herleiten:

 

1. Labortests dienen nur dazu eine klinische Diagnose zu stützen, nicht sie zu ersetzen.

 

2. Klinisches Urteilsvermögen ist für die Identifizierung von Patienten notwendig, die von einer antibiotischen Therapie profitieren könnten, um eine persistierende, wiederkehrende Borreliose zu verhindern.

 

3. Eine empirische, kalkulierte antibiotische Therapie sollte als Routine-Behandlung für Patienten in Betracht gezogen werden, bei denen eine Lyme-Borreliose die wahrscheinliche Diagnose ist.

 

 4. Die zuvor empfohlene Praxis, die antibiotische Therapie zu stoppen, um ggf. eine verzögerte Erholung/Gesundung zu erreichen, wird für Patienten mit persistierender, wiederkehrender Borreliose nicht empfohlen.

 

5. Die Therapiedauer muss sich nach der klinischen Antwort richten und nicht nach einer willkürlich festgelegten 30-Tage-Behandlung.

 

6. Ein rationaler Ansatz wäre es, die Therapie gegen Borreliose weiter zu führen, bis alle Symptome und die klinischen sowie Labor-Abnormalitäten abgeklungen sind.

 

7. Therapie-Indikationen müssen auf Meningitis, AV-Block und Arthritis ausgeweitet werden, um symptomatische Präsentationen einzuschließen.

 

Die ILADS-Leitlinien gehören mit zu den ersten Borreliose-Leitlinien, die dem GRADE Format folgen und 8 Standards enthalten, die vom Institute of Medicine als kritisch für die Entwicklung von vertrauenswürdigen Leitlinien identifiziert wurden. GRADE ist die systematische und transparente Analyse aller Evidenzen, die auch von mehreren Organisationen wie z. B. der Cochrane Collaborative und der Weltgesundheitsorganisation verwendet werden.
 
Untersucht man z. B. eine Studie über eine Einzeldosis Doxycyclin mit GRADE, so stellt sich heraus, dass sie schlecht konzipiert ist; die Ergebnisse beziehen sich lediglich auf die Prävention eines Erythema migrans und NICHT auf die Prävention einer Lyme-Borreliose ohne EM.  Darüber hinaus zeigten Antibiotika-Anwendungen von 20 Tagen oder weniger zur Behandlung von Erythemen unzulässig hohe Ausfallraten. Auch die Qualität der Belege für die Wirksamkeit einer antibiotischen Nachbehandlung bei Patienten mit persistierenden Borreliose-Symptomen nach antibiotischer Standardtherapie ist sehr niedrig, was bedeutet, dass die wahre Wirksamkeit der Nachbehandlung wahrscheinlich wesentlich unterschiedlicher ist, als die Wirksamkeitsraten in den vier NIH-geförderten Nachbehandlungsstudien. In einer gut gestalteten Studie beispielsweise konnte
ein klinisch signifikanter und nachhaltiger Nutzen zusätzlicher Antibiotika-Therapien bzw. von antibiotischer Nachbehandlung bei Patienten mit schwerer Erschöpfung bei 64% in der Behandlungsgruppe gezeigt werden.
 
Daraus lässt sich u. a. für (Borreliose-) Leitlinien Folgendes schließen:

1
) Eine niedrige Qualität der Evidenz erfordert Empfehlungen auf einer Risiko-Nutzen-Basis, die therapeutische Optionen bieten, ganz im Gegensatz zu einem rigide diktierten, bestimmten therapeutischen Ansatz.

 

2) Die klinische Beurteilung ist ein wesentlicher Bestandteil des Patienten-Managements.

3) Die partizipative Entscheidungsfindung, die Entscheidung des Patienten im Hinblick auf seine Therapie ist aufgrund der unsicheren wissenschaftlichen Evidenzlage notwendig, natürlich mit Bezug
zur Schwere der Erkrankung, der Therapieziele und der Bereitschaft, die Risiken, die mit Antibiotika-Behandlung und/oder nicht-antibiotischer Behandlung einer laufenden Infektion zu übernehmen.
 
Beispiele für Empfehlungen sind:
 
Empfehlung 2a: Behandlungsschemata von 20 oder weniger Tagen mit Phenoxymethyl-Penicillin, Amoxicillin, Cefuroxim oder Doxycyclin und 10 oder weniger Tagen von Azithromycin sind nicht für Patienten mit Erythema migrans empfohlen, da Ausfallraten in den klinischen Studien unannehmbar hoch waren. Das Versagen, die Infektion vollständig zu eliminieren, kann zur Entwicklung einer chronischen Form der Lyme-Borreliose führen und setzt Patienten damit einer Morbidität und Kosten aus, die erheblich sein können. (Empfehlung, sehr geringe Qualität Beweise).

Empfehlung 2c: Ärzte sollten laufend darauf achten, ob es Anzeichen für eine Persistenz, Progression oder ein Rezidiv der Erkrankung gibt, oder ob andere, durch Zecken übertragene Krankheiten vorliegen könnten.  Fehlt ein Test, um eine Heilung nachweisen zu können, ist die Einschätzung, ob die Behandlung klinisch effektiv ist, unabdingbar. (Siehe Bemerkungen zur Empfehlung 2f). 

Die erste Bewertung soll unmittelbar nach Beendigung der Therapie und anschließender Auswertungen auf einer Bedarfsbasis erfolgen. (Empfehlung von sehr geringer Beweis-Qualität).
                                                                                 
Empfehlung 2d: Ärzte sollten die Antibiotika-Therapie bei Patienten fortsetzen, die sich nach Beendigung der aktiven Therapie noch nicht vollständig erholt haben. Andauernde Symptome bei Beendigung der aktiven Therapie sind in einigen Studien mit einem erhöhten Risiko für ein langfristiges Therapieversagen verbunden. Ärzte sollten daher nicht davon ausgehen, dass die Symptome mit der Zeit nachlassen. (Siehe auch Empfehlung 2f.) Es gibt eine breite Palette von Optionen und Entscheidungen, die individuell angepasst werden müssen - basierend auf der Stärke der ersten Reaktion des Patienten.
 
Starke bis mäßige Reaktionen begünstigen die Dauer der Behandlung mit dem Ausgangsmittel in der gleichen Dosierung. Bescheidene Antworten können eine Erhöhung der Dosierung des ersten Antibiotikums oder den Wechsel zu einem anderen Mittel erfordern. Tetracyclin, mit einer Gesamttagesdosis von 1000 -1500mg in 3 oder 4 aufgeteilten Dosen, ist eine zusätzliche Option. [1,2] Aufgrund seiner günstigen Pharmakokinetik, kann Tetracyclin wirksamer sein als Doxycyclin, wenn es sich um eine nicht-kurative Initialtherapie handelt. [2]
 
Minimale oder nicht-vorhandene Reaktionen deuten auf die Notwendigkeit für eine Kombinationstherapie hin, die mindestens ein Antibiotikum enthält, das in der Lage ist, effektiv intrazelluläre Kompartimente zu erreichen. [2,3] Injizierbares Penicillin G Benzathin (Bicillin LA) in Höhe von 1,2 -3,6 Mio. Einheiten wöchentlich oder intravenöse Mittel wie Ceftriaxon sind weitere Optionen. Intramuskuläres Benzathinpenicillin vermeidet die Risiken, die mit intravenösem Zugang verbunden sind und es ist wirksam in scheinbar hartnäckiger Lyme-Arthritis. [4] Ceftriaxon, 2 Gramm pro Tag IV ist bekannt, um wirksam zu sein [5-10] und IV Cefotaxim [11], ein weiteres Cephalosporin wurde auch empfohlen. IV Penicillin ist weniger effektiv und erfordert häufig eine stärkere Dosierung. [12] Zusätzliche IV Zellwand-Mittel der Carbapenem-und Monobactam-Klassen sind in vitro wirksam, aber noch nicht klinisch untersucht worden. [13]. 

Zusammenfassung und Übersetzung ohne Gewähr. Ausschlaggebend ist der Original-Text.


B. Jürschik-Busbach © 2014

 

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  1. Steere AC, Hutchinson GJ, Rahn DW et al. Treatment of the early manifestations of Lyme disease. Ann Intern Med, 99(1), 22-26 (1983).
  2. Donta ST. Tetracycline therapy for chronic Lyme disease. Clin Infect Dis, 25 Suppl 1, S52-56 (1997).
  3. Donta ST. Macrolide therapy of chronic Lyme Disease. Med Sci Monit, 9(11), PI136-142 (2003).
  4. Cimmino MA, Moggiana GL, Parisi M, Accardo S. Treatment of Lyme arthritis. Infection, 24(1), 91-93 (1996).
  5. Dattwyler RJ, Halperin JJ, Pass H, Luft BJ. Ceftriaxone as effective therapy in refractory Lyme disease. J Infect Dis, 155(6), 1322-1325 (1987).
  6. Dattwyler RJ, Halperin JJ, Volkman DJ, Luft BJ. Treatment of late Lyme borreliosis--randomised comparison of ceftriaxone and penicillin. Lancet, 1(8596), 1191-1194 (1988).
  7. Logigian EL, Kaplan RF, Steere AC. Chronic neurologic manifestations of Lyme disease. N Engl J Med, 323(21), 1438-1444 (1990).
  8. Logigian EL, Kaplan RF, Steere AC. Successful treatment of Lyme encephalopathy with intravenous ceftriaxone. J Infect Dis, 180(2), 377-383 (1999).
  9. Krupp LB, Hyman LG, Grimson R et al. Study and treatment of post Lyme disease (STOP-LD): a randomized double masked clinical trial. Neurology, 60(12), 1923-1930 (2003).
  10. Fallon BA, Keilp JG, Corbera KM et al. A randomized, placebo-controlled trial of repeated IV antibiotic therapy for Lyme encephalopathy. Neurology, 70(13), 992-1003 (2008).
  11. Pfister HW, Preac-Mursic V, Wilske B, Schielke E, Sorgel F, Einhaupl KM. Randomized comparison of ceftriaxone and cefotaxime in Lyme neuroborreliosis. J Infect Dis, 163(2), 311-318 (1991).
  12. Steere AC, Green J, Schoen RT et al. Successful parenteral penicillin therapy of established Lyme arthritis. N Engl J Med, 312(14), 869-874 (1985).
  13. Hunfeld KP, Weigand J, Wichelhaus TA, Kekoukh E, Kraiczy P, Brade V. In vitro activity of mezlocillin, meropenem, aztreonam, vancomycin, teicoplanin, ribostamycin and fusidic acid against Borrelia burgdorferi. Int J Antimicrob Agents, 17(3), 203-208 (2001).

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